© Janet Sinica

Montagskonzerte

 

Die Montagskonzerte im Studio des Ensemble Musikfabrik

Obwohl bereits die gewagten Raumexperimente der Nachkriegsavantgarde das frontale Gegenüber von Publikum und Musikern auflösten, ist in Konzerten bis heute die Trennlinie zwischen Hörern und Interpreten weitgehend zementiert. Selbst in der intimeren Kammermusik, die dank einer verringerten räumlichen Distanz den Kontakt zum Publikum ermöglichen würde, absolvieren Solisten und kleine Ensembles ihre Programme mit gebührendem „Abstand“ zum Publikum.

Anders dagegen die seit Oktober 2011 regelmäßig veranstalteten Montagskonzerte im Studio des Ensemble Musikfabrik, die von einzelnen Mitgliedern des Ensembles kuratiert und moderiert werden und dem Publikum somit auf besondere Weise zugewandt sind. Die als Kuratoren aus dem Verbund des Ensembles heraustretenden Musiker erscheinen dort in der ungewöhnlichen Rolle des Redners und Moderators und während des Konzerts selbstverständlich auch mit erhöhter solistischer Präsenz. Vor allem aber lernen wir hier einzelne Mitglieder des Ensembles als künstlerische Persönlichkeiten mit ästhetischen und intellektuellen Präferenzen kennen. Hornistin Christine Chapman etwa ließ sich für ihr Programm „Floskeln und andere Redeblumen“ durch die verschiedenen Sprachen und Dialekte unter den Kollegen der „Blechies“, also der Blechbläser (NL, USA, USA, GB), zum Nachdenken über den anthropologischen Zusammenhang von Sprache und Musik animieren. Ihr Programm konfrontierte zeitgenössische Werke u. a. von Scelsi, Haas und Messiaen mit der Musik Guillaume Dufays; Ms. Chapman ließ jedoch ihre Blechbläserkollegen auch als Rezitatoren in ihren Muttersprachen antreten.

Die Themen oder Motti der Montagskonzerte sind assoziativ und spielerisch gesetzt, und gelegentlich verlassen sie sogar die gewohnten Pfade des Konzerts.Etwa bei Melvyn Poore, der seinen „Fluxus-Montag“ mit Publikumsbeteiligung gänzlich ohne Instrumente bestreiten ließ. In der Regel jedoch verbinden die Programme Preziosen einer zeitgenössischen Instrumentalmusik, die kompositorisch und auch handwerklich auf höchstem Niveau angesiedelt sind.

Es bedarf keiner besonderen Erwähnung, dass in einem Klangkörper wie dem Ensemble Musikfabrik jedes Mitglied das Zeug zum Virtuosen hat. Erwähnenswert aber ist, dass dieses handwerklich hohe Niveau bei den Montagskonzerten in der intimen Atmosphäre des Studios auf größter Nähe erlebt werden kann. Das schallisolierte und schalloptimierte Studio des Ensemble Musikfabrik wurde nicht als Veranstaltungsort geplant, mit einer temporären Bestuhlung kann es jedoch in einen kleinen, intimen Konzertsaal mit rund 80 Sitzplätzen verwandelt werden. Das Kuriose dieses Veranstaltungsortes ist seine Abgeschiedenheit. Fensterlos, tief unter der Erde liegend, schottet er das Publikum und die Musiker von äußeren Einflüssen jeglicher Art ab. In diesem Raum(schiff) ist alles hörbar und meist auch alles sichtbar: Experimentelle Setups, wie bei Ulrich Löfflers Klavierabend mit Werken von Alvin Lucier und Tobias Schwencke, ebenso wie neue Spieltechniken, die am traditionellen Instrumentarium auszuführen sind. Eben diese Nähe zum Instrument ist für das Publikum aufschlussreich, denn auch die konzentrierte Beobachtung ebnet den Weg zu einem tieferen Verständnis der Werke.

So stehen dann die Montagskonzerte, die übrigens mit freiem Eintritt ein Geschenk an alle Freunde des Ensemble Musikfabrik sind, für Konzertabende, die auf angenehmste Weise das konzentrierte und intime Musikerlebnis mit einer persönlichen, gleichsam privaten Begegnung verbinden.

Hubert Steins

 

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