Im Juli startet das Ensemble Musikfabrik eine neue Konzertreihe! STROM ist Plattform für Crossmedia-Produktionen und eröffnet neue Perspektiven auf Musik und ihre Transformationen. Pierre Jodlowski – Komponist, Performer und Multimedia-Künstler, eröffnet mit uns STROM #1 am 14. Juli mit Werken an der Schnittstelle von akustischem und elektronischem Klang – mit dramatischer sowie politischer Prägung. Pierre Jodlowski gibt in unserem Blog Einblicke in sein Werk und seine Inszenierungen.
– Als Multimedia-Künstler umfasst deine Arbeit Videos, Installationen und Performances. Wie ist dieser crossmediale Ansatz entstanden und welche Auswirkungen hat er für deine Musik?
Nun, ich habe vor langer Zeit, vor fast 20 Jahren, angefangen, mir Fragen über Inszenierungen zu stellen oder vielmehr über die Frage nach der Funktion der Körper der Musiker auf der Bühne. Sind diese Körper nur ihren Instrumenten gewidmet oder können sie mit anderen Elementen wie Raum, Gesten, Bewegungen interagieren? Und so begann ich, an der visuellen Dimension zu arbeiten. Ich muss sagen, dass ich mich nie als Videokünstler oder Filmemacher betrachtet habe, auch nicht als ein richtiger Regisseur … all diese Werkzeuge werden hier als Erweiterung (oder als Kontrapunkt) der Musik behandelt. Und für mich ist das eine fantastische Art und Weise diese Werkzeuge auszubauen, die ich dann manipulieren kann, um meine Ideen zu verwirklichen. John Cage sagte, dass Musik „gleichermaßen zu sehen wie zu hören ist“ und das glaube ich auch. Was Musiker, Sänger oder generell Interpreten erreichen können, ist weit mehr als nur „ein Instrument spielen“…
– Du definierst Musik als „aktiven Prozess“ auf der physischen Ebene (Gesten, Energie und Raum) und auf der psychologischen Ebene (Erinnerung und visuelle Dimension). Kannst du diesen Aspekt etwas mehr erklären? Gibt es dazu einen Zusammenhang mit der dramatischen und politischen Dimension deiner Arbeit?
Ja, definitiv! Ich war immer auf der Suche nach einer Art zusätzlichen Bedeutung in meiner Kunst. Im Allgemeinen bin ich kein „abstrakter“ Künstler, auch wenn ich die „Kraft“ der Abstraktion liebe (z.B. in Bildern). Ich denke, dass ich einfach eine innere Wut im Zusammenhang mit unserer Welt verarbeiten muss, die im Grunde genommen nicht so viel besser ist als in den vergangenen dunkelsten Zeiten. Deshalb versuche ich immer, eine kritische Dimension in meinen Stücken einzubauen, manchmal mit starken oder dunklen Elementen, manchmal mit Humor, da ich denke, dass dies das beste Werkzeug ist, um schließlich starke Kritik zu äußern. Aber das Konzept von “aktiver Musik” ist sehr mit dem verbunden, was ich „klingende Erinnerungen“ nenne. Jeder von uns hat eine sehr starke und komplexe Beziehung zu jeder Art von Klang, da er, als Teil unseres Lebens, entweder voller Bedeutung oder bedeutungslos sein kann. Und ich füge gerne konkrete oder referenzielle Klänge ein, die bestimmte Netzwerke in unserer Vorstellung aufbauen können und Konnotationen auslösen.
– Für das Auftaktkonzert in Köln spielst du gemeinsam mit den Musikern des Ensemble Musikfabrik eine bestimmte Auswahl deiner Kompositionen. Wie kam diese Auswahl der Stücke zusammen?
Wir haben dieses Programm gemeinsam entwickelt und im Grunde genommen hatte ich zwei Ziele: Erstens wollte ich einige Stücke zeigen, die ich in verschiedenen Perioden meiner künstlerischen Arbeit geschrieben habe. Das älteste Stück mit dem Namen „IS IT THIS ?“ entstand während meines Aufenthaltes an der Akademie der Künste in Berlin vor fast 20 Jahren, und das jüngste „OUTERSPACE“ wurde im März 2018 uraufgeführt. Ich mag es sehr, solche Programme zu konzipieren, um nachzuvollziehen, wie relevant Zeit ist. Das zweite Ziel war es, einen ganz bestimmten Abend angepasst an die Räumlichkeiten des Bogen 2 zu gestalten, der ein ganz besonderer Ort ist. Deshalb habe ich vorgeschlagen, an vier verschiedenen Stellen oder Bühnen zu arbeiten, sodass das Publikum während des Konzertes die Architektur genießen und sich bewegen kann. Alle diese Stücke beinhalten Verstärkung, Elektronik, Licht, Videos, Bilder … so wird es eine Art Porträt dessen sein, was mir Spaß macht. Ich bin sehr froh, dass ich mit dem Ensemble Musikfabrik in einem so großartigen Kontext arbeiten kann.