6. Juni 2020

Lockdown Tape #17

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Dai FujikuraInkling (revised version 2009) für Trompete solo

Marco Blaauw, Trompete

Janet Sinica, Video
Daniel Seitz, Sounddesign

In Lockdown Tape #17 spielt Marco Blaauw eine Komposition des japanischen Komponisten Dai Fujikura. Hier beschreibt Marco, welche Gedanken und Assoziationen ihm beim Spielen dieses Stücks durch den Kopf gehen und was daraus in Zukunft entstehen könnte.

„Haben Sie Kindheitserinnerungen, in denen Sie in den Himmel schauen, um über Wolkenformationen zu staunen, die sich zu Figuren und Charakteren formen und irgendwann anfangen, echte Geschichten zu erzählen? Ich ertappe mich immer noch oft dabei, wie ich in den Himmel starre. Heutzutage habe ich aber das Gefühl, dass ich weniger Zeit habe, darauf zu warten, wie die Wolken ihre Form verändern. Meine Blicke sind kürzer, aber meine Augen wandern durch den Himmel und suchen. Manchmal ist es nur funktional, zum Beispiel wenn ich herausfinden möchte, welche Kleidung ich zum Rausgehen tragen soll. Meistens aber ist es nur eine Suche, ohne zu wissen, wonach.

Der Himmel sieht immer anders aus, mit so viel Bewegung und so vielen Farben. Egal, wie oft ich aufschaue, er ist nie derselbe. Der Himmel gibt meinen Augen nie eine konkrete Antwort auf das, was sie gesucht haben, geschweige denn, welchen Mantel ich tragen soll. Stattdessen lässt mich der Himmel in Ehrfurcht staunen darüber, wie groß die Welt ist, wie klein ich bin und vor allem, wie wenig ich von allem verstehe, was um mich herum geschieht.

Inkling, auf Deutsch Ahnung, ist ein kurzes Werk. Der Komponist Dai Fujikura arbeitet mit nur einer Textur, die aus sehr weichem Schimmern besteht, und schreibt daraus eine sehr schöne Melodie. Dieses kleine Stück zieht wie eine Wolke vorbei, bis es plötzlich wilder und lauter wird, abrupt stehen bleibt und einen weiten Raum für Staunen und Verwunderung hinterlässt.

Ich traf Dai einmal im Jahr 2005, hatte aber seitdem keinen direkten Kontakt mehr mit ihm. Um ihm zu sagen, dass ich Inkling für unsere Serie Lockdown Tapes aufnehmen wollte, musste ich ihn auf Facebook suchen. Er reagierte sofort und war zunächst erstaunt: ‚Oh, such an old piece…‘, war aber dankbar und begeistert. Danach folgten auf meine Fragen blitzschnell die Antworten: darf ich die Farbwechsel auf der Doppeltrichter spielen ‚please do so! Amazing!‘ Ob ich Effekt Pedale hinzufügen darf? ‚haha, I just composed for trumpet, trombone and e guitar.., do it, that sounds amazing‘. Innerhalb einiger Minuten entwickelte sich ein reger Dialog, der jetzt noch andauert: Dieses Werk soll nun zu einer Keimzelle werden, aus der in naher Zukunft weitere Werke für Trompete wachsen sollen.“

Marco Blaauw, Juni 2020