26. Februar 2020

Get to know Sara Cubarsi!

Die Geigerin Sara Cubarsi ist das neueste Mitglied des Ensembles Musikfabrik. 1991 in Barcelona geboren, studierte sie in London und Kalifornien und hat sich als Solistin, Komponistin und Kammermusikerin internationale Anerkennung erworben. Obwohl ihr Schwerpunkt auf der zeitgenössischen Musik liegt, liebt sie es, die verschiedensten Stilrichtungen zu erforschen und spielt auch auf der Barock- und der elektrischen Geige. Sara Cubarsi kuratiert ihr erstes Montagskonzert in der Musikfabrik am 2. März 2020.

 

Sara Cubarsi
© Janet Sinica

Sara, erzähl uns von deinen wichtigsten musikalischen Einflüssen.
Meine Eltern sind keine Musiker, aber ich bin mit verschiedenen Arten von Musik aufgewachsen und alle meine drei Geschwister sind Geiger, die sich auf verschiedene Gebiete spezialisiert haben. Ich denke, das lebendige Umfeld des musikalischen Austausches, das ich zu Hause hatte und immer noch habe, ist das Hauptmerkmal meiner musikalischen Erziehung. Außerdem war ich immer ein Jascha Heifetz-Fan, und es gibt Komponisten, die mich direkt persönlich beeinflusst und geleitet haben, wobei der größte Einfluss von meinem früheren Kompositionslehrer Wolfgang von Schweinitz kam. Paradoxerweise hatte er großen Einfluss auf meine Reise in die Alte Musik. Viele Jahre lang verfolgte ich die Arbeit der Gruppe Wandelweiser und der Interpreten und Komponisten von Plainsound, und in Kalifornien umgab ich mich mit Weltmusik und experimentellem Noise-Metal. All diese Elemente prägen meinen Musikgeschmack…

Du trittst als Performerin, Komponistin und bildende Künstlerin auf – gibt es ein verbindendes Element?
Als ich in Kalifornien studiert habe, waren diese Aktivitäten völlig miteinander verwoben. Ich führte meine eigenen Arbeiten auf und machte Wachsmalereien, die zur gleichen Zeit wie die Aufführung schmolzen. Dort hatte ich viel Zeit und Raum zum Experimentieren. Ich interessierte mich für die reine Intonation und die Herausforderung des perfekten Gleichgewichts, sowohl in der Stimmung als auch in der greifbareren Welt. Das Wachs wurde für zu einer parallelen Leidenschaft gegenüber der Intonation, wahrscheinlich wegen seiner Eigenschaften. Der Umgang mit Wachs war ein bisschen wie der mit der Stimmung, es zeigt sich zerbrechlich und empfänglich (oder verletzlich) für äußere Veränderungen. Ich interessierte mich auch für die Idee von ‚vibrierendem Material‘ (es gibt ein sehr interessantes Buch von Jane Bennett), und ich wurde inspiriert, über diese Entitäten nachzudenken, die ihr eigenes, relativ unvorhersehbares Leben haben, so dass die Wachsbilder sich in der Aufführungszeit irgendwie selbst choreographierten. Ich fand auch, dass die Erfahrung, mikrotonale Musik aufzuführen, verschiedene Sinne stimuliert. Es ist etwas sehr Sinnliches in dieser Musik. Das Komponieren für diese Bilder musste auch eine gewisse Offenheit und Empfänglichkeit dafür zulassen, wie und wann das Wachs schmilzt. Es hat mir Spaß gemacht, dieses Gespräch mit Materialien außerhalb der Musik in die Musik zu integrieren.

Du machst auch viel Barockmusik – macht das für dich einen Unterschied oder ist es im Grunde dasselbe wie die Arbeit an einem zeitgenössischen Stück?
Ja, es ist mehr oder weniger dasselbe… mit einer leichten Zeitverschiebung. Bei Barockmusik kann man nicht direkt mit dem Komponisten sprechen. Man fragt sich, wie die Instrumente der damaligen Zeit klangen, wie der historische Kontext unseren Geschmack, unsere musikalischen Entscheidungen und Prioritäten beeinflusst, usw. Aber diese Lücke wird durch das Studium von alten Dokumenten, Gemälden, erhaltenen Instrumenten usw. und ein wenig Phantasie gefüllt. Natürlich werden diese Parameter beim Erlernen eines Stückes eines heute lebenden Komponisten unmittelbarer behandelt, aber ähnliche Fragen stellen sich auch in der Neuen Musik, vor allem weil jeder Komponist heute eine so andere Welt präsentiert. Ich denke, dass einer der Hauptunterschiede beim Betrachten der Notation an die Oberfläche kommt. Man kann viele Aufführungspraktiken in der Alten Musik durch Abhandlungen kennen lernen, aber nicht so sehr durch die Notation, es gibt so viel, was nicht in der Partitur steht, weil die Aufführungspraxis mehr oder weniger standardisiert ist, zumindest nach Regionen. Aber im Bereich der zeitgenössischen Musik entwickelt jeder Komponist oft einen eigenen Notationsstil, der seinen eigenen musikalischen Prioritäten entspricht. Diese Prioritäten ändern sich in der zeitgenössischen Musik von Komponist zu Komponist so viel mehr, als wenn man die Barockkomponisten betrachtet. Wegen dieser Vielfalt an Stilen und Aufführungspraktiken in der Neuen Musik von heute tendieren die meisten zeitgenössischen Komponisten, die ich spiele, dazu, in der Partitur zu versuchen, zu reflektieren, wie sie so genau wie möglich klingen oder ausgeführt werden sollte – und normalerweise gehen der Partitur die Aufführungsnoten voraus, die wie das Miniaturäquivalent einer Abhandlung über Alte Musik aussehen würden. Da ist auch die Frage nach Zweck und Funktion als Interpreten – es fühlt sich beim Spielen neuer Musik nicht so gravierend an wie beim Rückblick auf 300 Jahre und der Entscheidung, diese Musik heute zu spielen … Vielleicht ist es also im Grunde genommen nicht dasselbe?

Warum der Fokus auf zeitgenössische Musik?
Für mich war die Beschäftigung mit neuer Musik eine Selbstverständlichkeit, ich habe mich an der Hochschule mit den Komponisten umgeben – und ich komponiere selbst ein bisschen. Aber das ist eine seltsame Frage. Ich versuche, nicht das für morgen zu lassen, was ich heute tun könnte, und bei der Musik bedeutet das für mich, es nicht den Enkeln Deines Freundes zu überlassen, wie sich unsere Zeitgenossen ihre Musik vorstellen (obwohl, wenn wir aus dem Grab heraus spionieren könnten, wäre das auch sehr interessant).

Sara Cubarsi
© Janet Sinica

Was möchtest du als Mitglied des Ensemble Musikfabrik für dich und die Gruppe erreichen?
Ich lerne viel aus der Arbeit mit diesen erstaunlichen Musikern. Sie haben viel Erfahrung und arbeiten schon sehr lange zusammen – man spürt ein hohes Maß an Vertrauen, Komfort und Wissen voneinander, es herrscht eine gesunde Stimmung. Diese langjährige Ensemblesituation ist eine besondere Chance und eine für mich immer noch neue Erfahrung, die es erlaubt, musikalisch mehr ins Detail zu gehen, als wenn man ständig neue Leute in der freien Szene trifft und mit ihnen spielt. Man bringt auch eigene musikalische Einflüsse in das Ensemble ein und lernt die Interessen anderer kennen. Außerdem finde ich es wichtig, dass das Ensemble aus Interpreten der jüngeren Generationen und aus verschiedenen Ländern besteht, da jeder von uns eine direkte Verbindung zu einer anderen Generation von Komponisten und Ansichten hat.