Seit April 2001 ist Dirk Wietheger Mitglied des Ensembles Musikfabrik. Nachdem er die Musiker*innen bereits ab Januar als Gastmusiker unterstützt hatte, gab der Cellist sein Debüt als Ensemblemitglied am 15. Mai desselben Jahres mit einem Porträtkonzert von Christoph Staude in der Alten Feuerwache Köln.
Wie bist du zum Ensemble Musikfabrik und zur neuen Musik ganz allgemein gekommen?
Das ist tatsächlich eine ziemlich unspektakuläre Geschichte. Ich war auf Stellensuche und war hier bei einem Probespiel und das war dann letzten Endes auch erfolgreich. Es hat aber auch einfach gut gepasst, da ich mich während meines Studiums schon sehr für zeitgenössische Musik interessiert hatte. Damals hatte ich im Ensemble der Hannoveraner Hochschule mitgewirkt und viele Klassiker der zeitgenössischen Musik kennengelernt – zum Beispiel Webern, Xenakis, Scelsi, Berio, Lachenmann. Festgelegt, beruflich unbedingt in der neuen Musik zu arbeiten, war ich allerdings nicht. Somit bin ich umso glücklicher, hier gelandet zu sein, da ich mich von Anfang an sehr wohl gefühlt habe.
Wenn du auf die letzten zwanzig Jahre zurückblickst – gibt es da ein Ereignis, das dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Da denke ich als erstes an Mauricio Kagel, mit dem wir bis zu seinem Tod sehr intensiv zusammengearbeitet haben. Da gab es immer wieder ganz wunderbare Konzerte und Tourneen mit ihm als Dirigenten. Das war prägend, da mich seine Persönlichkeit sehr fasziniert hat. Besonders schön fand ich, wie begeistert er von seiner eigenen Musik war. Ich finde, man muss, wenn man komponiert oder sich generell künstlerisch betätigt, wirklich lieben, was man tut. Und diese Liebe konnte er unheimlich gut vermitteln. Da war und ist er für mich ein sehr großes Vorbild.
Gibt es Stücke oder Komponisten, von denen du in den nächsten zwanzig Jahren unbedingt etwas spielen möchtest?
Da würde mir einiges einfallen. Gerade von den besagten Klassikern habe ich noch längst nicht alles gespielt. Die Literatur ist so vielfältig, da fällt es mir sehr schwer, mich zu entscheiden. Ein Solostück wäre zum Beispiel “Nomos Alpha” von Xenakis, da auch Xenakis ein sehr wichtiger Komponist ist und es für mich faszinierend ist, wie er Struktur und Emotion miteinander verknüpft. Man denkt ja häufig, Musik müsse emotional sein – ist sie irgendwie auch – aber er, als gelernter Architekt, hat sehr viel Strenge und Struktur in seine Musik gebracht hat – nichts Willkürliches – und gerade dadurch entsteht eine ganz besondere Kraft.
Du sprachst gerade davon, dass Du Dich im Ensemble sehr wohl fühlst. Was macht das Ensemble so besonders für Dich?
Hier im Ensemble sind wir sehr unterschiedliche Charaktere und Persönlichkeiten, aber wir pflegen eine äußerst angenehme Gemeinschaft. Man wird hier nicht nur angenommen, wie man ist, sondern: So wie man persönlich ist, genauso wird man hier auch gebraucht und kann sich einbringen. Das ist nicht selbstverständlich und ist ein sehr, sehr schönes Gefühl.
Interview: Julia Mädrich