Toshio Hosokawa – Small Chant (2012)
für Violoncello
Dirk Wietheger, Violoncello
Janet Sinica, Video
Stephan Schmidt, Aufnahmeleitung
Mit großer Bestürzung haben wir vom Tod Gerhart Baums erfahren. Mit ihm verlieren wir nicht nur eine der markantesten Stimmen der deutschen Kulturpolitik, sondern auch einen besonders leidenschaftlichen Fürsprecher der zeitgenössischen Musik. In Zeiten, in denen die Kunst so verletzlich erscheint, wie heute, wiegt dieser Verlust besonders schwer.
Als Mitglied unseres Freundeskreises haben wir Gerhart Baum als überaus engagierten und überzeugenden Unterstützer sowie Verteidiger der Kunstfreiheit erlebt. Mit der Gerhart und Renate Baum-Stiftung hat er in Zusammenarbeit mit dem Ensemble Musikfabrik mehrere Kompositionsaufträge vergeben und sich insbesondere für die Förderung junger Talente eingesetzt. Zahlreiche Initiativen, von denen wir und viele andere Kulturschaffende in Köln profitieren, gehen auf sein Engagement zurück.
Wir sind ihm und seiner Frau Renate Liesmann-Baum zutiefst zu Dank verpflichtet. Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt ihr und allen Angehörigen. Die Erinnerung an Gerhart Baum als unermüdlichen Verteidiger der Kunstfreiheit und mutigen Förderer der zeitgenössischen Musik wird uns als Vorbild und Inspiration dienen.
Abschlusskonzert der Virtual Brass Academy mit 3-minütigen Uraufführungen der teilnehmenden Komponist*innen
Parsa Zandi – Introspection I (2025)
für Fagott, Horn, Trompete, Posaune und Tuba
Raphaëlle Aoun – évolution fabriquée (2025)
für Kontraforte, Horn, Trompete und Posaune
Eda Er – Submerged Disco (2025)
für Horn, Trompete, Posaune und Tuba
Christoffer Håård – Knallerbsen (2025)
für Horn, Trompete, Posaune und Tuba
Sandra Boss – Let Me Eat You (2025)
für Horn, Posaune, Tuba
Pause
Alireza Seyedi – Widerspruch (2025)
für Horn, Trompete, Posaune und Tuba
Kyungjin Lim – ernsT ist das leBen (2025)
für Fagott, Horn, Trompete, Posaune und Tuba
Yifan Guo – Eight Seas (2025)
für Horn, Trompete, Posaune und Euphonium
Nigar Suleyman – a short piece about the last human breath (2025)
für Horn, Trompete, Posaune und Tuba
Aaron Zimmer – Of an Unwelcome Stillness (2025)
für Fagott, Horn, Trompete, Posaune und Tuba
Pause
Tianyu Zou – Étude for Amplified Trumpet and Electronics (2025)
für Trompete solo
Klara Mlakar – Tell Me a Secret (2025)
für Horn, Trompete, Posaune und Tuba
Alisa Kobzar – architect of lies (2025)
für Fagott, Horn, Trompete, Posaune und Tuba
Hannah A. Barnes – in perpetuum (fragment) (2025)
für Horn, Trompete und Posaune
Eunhye Joo – Eine kleine Wunderkerze (2025)
für Fagott, Horn, Trompete, Posaune und Tuba
Ronan Whittern, Fagott
Christine Chapman, Horn
Marco Blaauw, Trompete
Stephen Menotti, Posaune
Maxime Morel, Tuba
Parsa Zandi wurde 2004 in Teheran, Iran, geboren. Er studierte Komposition bei Mohammad H. Javaheri, Karen Keyhani und Armin Sanayei im Iran. Im Alter von 17 Jahren wurde er an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz, Österreich, aufgenommen und studierte zwei Jahre lang Komposition bei Beat Furrer. Zurzeit studiert er unter der Leitung von Annesley Black. Parsa hatte Kompositionsunterricht bei Komponisten wie Franck Bedrossian, Clemens Gadenstätter, Klaus Lang, Pierluigi Billone, Iris ter Schiphorst, Johannes Maria Staud, Chaya Czernowin, Samir Odeh Tamimi und Mathias Hinke. Seine Musik wurde von Ensembles wie dem Ensemble Modern, dem Ensemble Zeitfluss, dem Ensemble für Neue Musik und dem Roadrunner Trio in Österreich, Deutschland, den Niederlanden, Irland, den USA, Kanada und Spanien aufgeführt.
Christoffer Håård ist ein in Oslo lebender Komponist für zeitgenössische Musik. Seine Musik zeichnet sich oft durch die Erkundung musikalischer Räume zwischen dem Verletzlichen und dem Banalen aus, in denen zerbrechliche und instabile bis hin zu abrasiven Klängen leben, atmen, sich entwickeln und aussterben dürfen – sowie spielerische musikalische Idiome, die große Naivität zeigen, nebeneinander existieren.
Geboren 1997 in Jönköping, Schweden. Seit 2023 ist er im Masterstudiengang Komposition an der Norwegischen Akademie in Oslo eingeschrieben, wo er auch sein Bachelorstudium absolvierte. Davor studierte er an der Gotland School of Composition (Visby, Schweden) im Pre-Bachelor-Programm. Darüber hinaus verbrachte er ein Jahr als ERASMUS-Austauschstudent an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden, Deutschland. Zu seinen früheren Kompositionslehrern gehören u. a. Asbjørn Schaathun, Eivind Buene, Mark Andre, Trond Reinholdtsen, Stefan Prins und Per Mårtensson. Außerdem erhielt er Unterricht und Meisterkurse u. a. von Chaya Czernowin, Manos Tsangaris, George Lewis, Carola Bauckholt und Lisa Streich.
Sandra Boss ist eine in Dänemark lebende Komponistin und Performerin, die im Spannungsfeld zwischen Instrumentalmusik, Elektronik, Installation und Performance arbeitet. Ihr kompositorischer Tonfall ist ausgesprochen forschend mit einem starken Interesse an den klanglichen Möglichkeiten von Instrumenten. Ein wichtiges Element ihrer Arbeit ist der physische Dialog mit den Instrumenten, wobei die Instrumente durch externe Objekte oder Modifikationen verbogen werden. Sandra Boss hat einen Hintergrund in klassischer Musik und studierte später elektronische Musik an der Royal Academy of Music in Dänemark. Sie hat auch einen künstlerisch orientierten Doktortitel über Klangkunst von der Universität Aarhus, Dänemark.
Yifan Guo ist ein chinesischer Komponist, Performer und Intermedia-Künstler, der sich auf die innovative Erforschung mehrdimensionaler Musikwahrnehmungserfahrungen spezialisiert hat und dabei sowohl klangliche als auch nicht-klangliche Elemente in seinen Performances einsetzt. Mit einer Reihe von kompositorischen Praktiken, die von Musiktheater über akustische Musik und elektroakustische Musik bis hin zu Klanginstallationen und intermedialen Performances reichen, möchte Guo einen Beitrag zur innovativen Landschaft der Bühnenwerke leisten. Als Verfechter zeitgenössischer Musik und Musiktechnologie gibt Guo sein Fachwissen durch Vorträge und Workshops an Institutionen wie dem Sichuan Conservatory of Music, dem Xinghai Conservatory of Music, der South China Normal University, der East China Normal University und dem Guangzhou DaoHe Institute weiter. Außerdem unterrichtet er regelmäßig am X-Institute in Shenzhen.
Nigar Suleyman wurde 1999 in Aserbaidschan geboren. Sie studierte Komposition an der Musikakademie in Baku und an der Estnischen Akademie für Musik und Theater und hat Kompositionen für Klavier solo, Klaviertrio, Streichquartett, Kammerorchester und Symphonieorchester geschrieben. Sie hat mit dem Staatlichen Symphonieorchester Aserbaidschan, dem Cadenza Contemporary Orchestra und dem Moscow Contemporary Music Ensemble zusammengearbeitet. Sie hat den ersten Preis beim WBM-Wettbewerb (Polen, 2024), den ersten Preis beim „Stars‘-Projekt“ (Russland, 2015) und den zweiten Preis beim Internationalen Jazzfestival (Aserbaidschan, 2019) gewonnen. Sie erhielt ein Diplom in „Nizami-Romantik“ (Aserbaidschan, 2021) und hat an Seminaren mit Komponisten wie Alexander Khubeev, Einnike Leppik, Anton Safronov und Tammo Summer teilgenommen. Zu den Festivals, an denen sie teilgenommen hat, gehören das Uzeyir Hajibeyli Festival (Aserbaidschan), das Uudislooming Festival (Estland) und das 14. internationale Tschaikowsky Festival (Russland). Sie hat auch mit Filmregisseuren zusammengearbeitet, was zur Komposition von Filmmusik für über zehn Kurzfilme und zwei Fernsehserien führte.
Aaron Zimmer ist ein Komponist, der sich der Erschaffung bedeutungsvoller und meditativer musikalischer Erfahrungen verschrieben hat. Seine Kompositionen, die von Ensembles wie ICE, JACK Quartet und Musikfabrik aufgeführt werden, erkunden Klang, Zeit und Ort. Als Mitbegründer von Bent Wrench setzt er sich für neue Musik ein, indem er innovative Werke in Auftrag gibt. Aaron ist auch ein versierter Interpret und Tontechniker, der klassische Künstler in LA, DC und Baltimore aufnimmt. Er hat einen M.M. in Komposition von Peabody und strebt einen Master in Recording Arts an.
Tianyu Zou ist ein Musikproduzent und Komponist, der sich hauptsächlich mit Klang, Performance, Installation und Multimedia beschäftigt. In den letzten Jahren waren seine Projekte bei Festivals wie Liminal (Salzburg), Rümlingen und dem Lucerne Festival zu sehen.
Alisa Kobzar (*1989, Ukraine) ist Komponistin, Multimedia-Künstlerin und Lehrerin. Sie ist 2014 Absolventin der Nationalen Musikakademie Kiew und lebt seit 2018 in Graz, wo sie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Computermusik und Klangkunst studiert. Ihre multidisziplinären Werke vereinen elektronische Musik und Klangkunst und wurden weltweit aufgeführt. 2019 gründete sie gemeinsam mit Lisa Mc Guire das Duo rotkäppchen, das sich auf interaktive Multimedia-Kompositionen konzentriert. Im Jahr 2024 wurde sie mit dem Österreichischen Staatsstipendium für Komposition ausgezeichnet. Mehr Informationen unter alisakobzar.mur.at.
Hannah A. Barnes ist eine in Montréal lebende Komponistin, Dirigentin und Performerin. Ihre kompositorischen Interessen konzentrieren sich auf dornige Harmonien, eigenwillige und schräge Materialien und rhizomatische Strukturen. Ihr geht es darum, komplexe Musik zu schaffen, die die Spannung zwischen strenger Kontrolle und Strenge und ungezügeltem Chaos und Ausdruck hervorhebt. Kollaboration ist für ihre kompositorische Praxis von wesentlicher Bedeutung. Derzeit studiert sie Komposition an der McGill University, nachdem sie an der DePaul University ihren Master- und Bachelor-Abschluss in Komposition mit Auszeichnung gemacht hat.
Eunhye Joo (*1996, Seoul) studierte Komposition am Hanyang University College of Music und schloss ihr Studium 2019 mit Auszeichnung ab. Sie studierte bei Prof. Sidney Corbett und schloss ihr Studium mit einem Master an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim ab. Seit 2023 studiert sie Komposition (Konzertexamen) an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg bei Prof. Gordon Kampe.
Ihre Werke wurden vom Ensemble SONOR XXI, Ensemble Eins, Ensemble Via Nova, Ensemble Hashtag, Ensemble Impronta, Ensemble Recherche, Tetra Brass Ensemble München, Georg Katzer Ensemble Berlin, IEMA Alumni Ensemble, AsianArt Ensemble, Sinfonieorchester TonArt Heidelberg, Les Percussions de Strasbourg, Ensemble Linea, mdi ensemble und Ensemble Ascolta aufgeführt. Seit 2018 ist sie Resident Composer des Ensemble SONOR XXI.
Allain Gaussin – Satori (1998)
für Klarinette Solo
Ian Wilson – Voces amissae (Lost Voices) (2023)
für Sängerin, Cello, drei Bratschen und zwei Schlagzeugern
Ensemble Musikfabrik
Dirk Rothbrust, Schlagzeug
Yukari Yagi, Schlagzeug
Axel Porath, Viola
Hannah Weirich, Viola
Justyna Sliwa, Viola
Dirk Wietheger, Violoncello
Ian Wilson, Dirigent
In Zusammenarbeit mit TGR The Green Room und mit Unterstützung von Zeitgeist Irland 24
A life in music is often rich with insight, creativity, and moments of transcendence. But it is also an extraordinarily demanding profession, one that can deeply impact an artist’s physical health and emotional well-being. Struggles that can happen to anyone – an illness, an injury – can exert an outsized impact on an artist’s career. „Lost Voices“ delves into the challenges of this world, sharing stories of loss, resilience, and transformation. An overwhelming majority of professional musicians confront injuries (such as overuse syndrome or hearing loss), mental health struggles (like depression or severe anxiety), and addictions. Personal and familial relationships are often put under pressure from musicians’ financial precarity and structural porousness that fails to distinguish life from work, and professional pressures can lead to creative blockages or burnout. For some, these struggles mark the end of a career. Many in the music industries hesitate speaking openly about these issues, fearing professional impacts of disclosure in an environment in which success-signaling is a norm, perhaps even an imperative. This lack of transparency often denies artists the possibility of receiving the support they need to recover. „Lost Voices“ wants to bring these stories to light—stories of adversity, renewal and transformation. It seeks to inspire understanding and compassion, honoring not just the artistry of musicians but also the courage it takes to endure and overcome the challenges that occur behind the music.
Satori is a Japanese word used in Zen Buddhism. Its meaning translates to a unique moment (extremely rare) of the self awakening – like an illumination – where the whole being enters in resonance with the forces of the Universe… Writing for a soloist melodic instrument has always fascinated me. Indeed I consider “the musical phrase” as a noble and fundamental parameter, whose presence leads to constantly taking up the challenge of the melodic invention. With Satori I therefore tried to bring my own contribution to this universe so fragile, so mysterious… by exploring a personal path. The main idea for Satori is based on the evolution of a process intimately linking two important musical concepts: the interval and the duration. If at the beginning of the score the musical phrases are expressed in small intervals and long durations, very progressively, towards the middle of the score, this binomial will be reversed with big intervals and short durations. This conception allowed me to create strange phenomena pertaining to the perception of time. Indeed, starting from a musical environment in which the durations are stretched-out, the piece gradually breaks with an even chronology, in order to penetrate into the vertiginous spirals of Time, by analogy with those sought by Zen Buddhist monks in their quest of Satori.
Voces amissae (Lost Voices) is a work for vocalist and ensemble which explores different ways in which people have lost their voices, whether for medical, social, political or other reasons, in the context of a musical investigation into the mechanics of playing pianissimo. The idea came out of my ongoing interest in examining the minutiae of instrumental sounds – following on from a series of pieces for small forces, I wanted to take my exploration further in a longerform piece for a larger ensemble and felt that adding a singer would help give this focus. I approached the wonderful Dutch soprano Nora Fischer, with whom I had worked before, only to find that she had been having difficulties with her singing voice. But she still wanted to be involved and this gave us the idea to contextualize Nora’s own struggle in a wider exploration of how people can lose their voice. Nora and I separately interviewed a number of people who had in some way lost their voice and transcriptions of parts of those interviews form the basis of the text that Nora vocalizes throughout Voces amissae. I have also included a number of poems by the little-known but wonderful Serbian poet Draginja Adamović, someone who has also lost her voice since her death in 2000 because no one in her home country seems to be aware of how extraordinary her poems are. Voces amissae was created with funds from an Arts Council of Ireland Music Project award, with support from DICMF and Triskel Arts Centre.
What’s happening to me?
How did I get here?
I’m striving to think.
(“Under the glass of the volcano” no.2 – Draginja Adamović):
The fish-eyed man
He followed my every step
And there behind the narrow gates
A candle was burning in praise of nothing
After the operation my voice seemed fine, and then it started to become painful, like there was a continual sprain in my throat. They put a blade down to intubate and they nicked one of my vocal cords. I carried on singing and I suffered a lot of pain. I just couldn’t stand the pain. I would go for four months without having a conversation of any substance and that was bad for my mental health.
Muscles rigid as a rock surrounding the magical place where sadness and ecstasy transform into sound. Each rigid muscle showing me a burden I am carrying, that is not mine to hold. And with each released burden another muscle starts to move.
(“Under the glass of the volcano” no.3 – Draginja Adamović):
A ship with lowered sails
Enters the night
Chaos and screams in the ship
One chimney is smoking
I won several competitions but it ended soon because dreams and talents will be punished over there. They were torn down by my cousin whom I was forced to marry at eighteen years old. “You say you want to sing? I laugh in your marvellously bruised face.” My mouth closed.
My silence is marvellously untouchable to you. All your screams and swearing vanish in the black hole I have become.
Six months in hospital and all I could say was “yes”, “no”,
and “the possibilities are endless”. I must get better; I must
achieve my goals: I must experience the world whatever
that is…whatever that is.
(“Under the glass of the volcano” no.4 – Draginja Adamović):
The purple-eyed woman
Puts a loaf in the kiln
Is it Golgotha?
A mouth asks behind the black wall.
The crucified sound trembles in the air
I noticed my hand was being weird, like spasming. I didn’t think I was controlling it, it was up and down. Then I tried to call out, it was like grunting noises. I couldn’t speak at all, just gibberish. My baby was really young and I was terrified I would never talk to him or read him a story again. Before the stroke I was very introverted and shy – now I’m regretting not speaking more. It’s given me an appreciation of my voice.I’m very optimistic. I should be more realistic – I’m not. Very optimistic, maybe totally.
It’s the phones. People have always looked away from me but at least they noticed me. It was their own choice not to look me in the eye. And some would come for a chat or to give what they wouldn’t miss. But now, those phones have meant the end for us, their eyes are fixed on that lifeless thing in their hand. And even worse they started to plug their ears as well. I can yell as hard as I want but when everyone around me is blind and deaf what use does my voice have?
(“Under the glass of the volcano” no.1 – Draginja Adamović):
I was lying buried in the sand
And thought of four feet
Dead people were sitting on the shore
I chewed the food they chewed
Tasteless food
Two hands brought out an earthen bowl
I went to stop them
I touch
I give back
I failed
The bowl fell in front of my feet
And transformed into countless bowls
Vocabulary increasing bit by bit; it gives me confidence to get back what I’m trying to say. I want to express my observations on life, what it is to be alive, and to feel a sense of joy.
Georgina Bowden – Figure – Ground (2024)
für Oboe, Horn und Kontrabass
Dylan Lardelli – The Giving Sea (2024)
für Englischhorn/Oboe, Horn und Kontrabass
Juliet Palmer – a blur of lichens (2024)
für Oboe, Horn und Kontrabass
Gordon Williamson – Odd Throuple (2024)
für Englischhorn/Oboe, Horn und Kontrabass
Peter Veale, Oboe, Englischhorn
Christine Chapman, Horn
Florentin Ginot, Kontrabass
Janet Sinica, Kamera
Stephan Schmidt, Aufnahmeleitung
Als Resultat von Gedanken über Verletzlichkeit, Beständigkeit und Abwesenheit entstand Figure – Ground aus meinen eigenen phänomenologischen Zeichnungen eines Spaziergangs um die mächtige Erhebung des Uluru im Zentrum Australiens.
Georgina Bowden
Dieses Werk, das ozeanische Elemente wie Tiefe, Dichte, Bewegung und Trennung aufgreift, bezieht sich auf das Meer als ein vorherrschendes Thema des Traums und der spirituellen Evokation. Die Entfaltung des Stücks ruft zeitliche Elemente eines sich verändernden Meeres hervor, zusammen mit dem ihm innewohnenden Potenzial der Fragmentierung der Erzählung.
Dylan Lardelli
A blur of lichens ist meinem verstorbenen Großvater Frank gewidmet, einem Naturschützer, der sich im Alter von 96 Jahren in die Welt der Flechten verliebte. Der fast blinde Frank studierte die Bilder in Bibliotheksbüchern mit Hilfe von hellem Licht, Lupen und riesigen Brillen. Während die Seiten verschwammen, sich in der Schärfe verschoben und unscharf wurden, fesselte die Welt der bescheidenen Flechten mit ihrer Textur, ihren Farben und Mustern die Fantasie meines Großvaters.
Wenn ich diese Erinnerung an meinen Großvater auseinandernehme, stellt sich für mich die Frage nach dem Verschwimmen anderer Grenzen. Wie viel von dem, was ich bin, habe ich von meinem Großvater geerbt? Wie verwandelt sich Licht in Farbe? Wie ist es, als Flechte an der Schnittstelle von Zersetzung und Aufbau zu leben? Wo endet der Fels und wo beginnt der Himmel? Wo wird mein Atem zu der Luft, die Sie atmen?
Inspiriert durch Flechten als symbiotische Beziehungen zwischen Pilzen, Algen und Bakterien, bietet a blur of lichens Strukturen und Vokabular, um musikalische Gegenseitigkeit zu unterstützen. Jede Iteration entsteht frisch aus dem Moment ihrer Entstehung heraus. A blur of lichens wurde von Gordon Williamson mit Unterstützung des Ontario Arts Council in Auftrag gegeben.
Juliet Palmer
Die Instrumentierung für dieses Stück ist inspiriert von meiner jüngsten Komposition Odd Couples, einer Reihe von 24 Miniaturen für ungewöhnliche und unerwartete musikalische Paarungen. Ich fand, dass die Herausforderung, für eine selten (wenn überhaupt?) gehörte Kombination von Instrumenten zu komponieren, sehr schnell zu einer fruchtbaren und konzentrierten Erkundung der wenigen gemeinsamen Klangfarbenbereiche wird, die die Instrumente gemeinsam haben. Für mich bleibt es eine spannende Idee, da ich sonst nicht auf diese besonderen Klangfarbenkombinationen gestoßen wäre: Die Inspiration des Stücks liegt in der Instrumentierung selbst.
Indem Odd Throuple die Idee auf ein Trio ausweitet, erforscht es einige Schnittpunkte des Trios aus verschiedenen Perspektiven und musikalischen Charakteren und ermöglicht es uns, diese Instrumente in einem neuen Kontext neu zu entdecken.
Gordon Williamson
Eric Nathan – As Above, So Below (2014)
für Doppeltrichterposaune
Bruce Collings, Doppeltrichterposaune
Janet Sinica, video/editing
Stephan Schmidt, recording producer/editing
Eric Nathan kontaktierte mich 2014, nachdem er das Doppeltrichter-Projekt der Musikfabrik gesehen hatte. Er hatte gerade das Solo-Posaunenstück As Above, So Below fertiggestellt, das von der New York Philharmonic für ihren Soloposaunisten Joe Alessi in Auftrag gegeben worden war. Obwohl er es ursprünglich für eine Posaune mit offenem Quartventil komponiert hatte, hielt er das Stück auch für die Doppeltrichter-Posaune für gut geeignet. Ich fand die Idee interessant, aber wie das bei einem vollen Terminkalender so ist, hatte ich keine Zeit, mich mit dem Üben zu beschäftigen. Wenn kein Konzertdatum feststeht, gibt es oft keine Gelegenheit, ein neues Stück vorzubereiten. 2022 meldete sich Eric dann erneut und lud mich ein, das Stück im Oktober 2023 in Rom an der American Academy zu spielen, wo er es als Fellow geschrieben hatte. Es sollte ein Konzert mit ehemaligen Stipendiaten der Akademie werden. Die American Academy ist eine unglaublich schöne Residenz mit Blick über Rom, umgeben von einem großen Park mit vielen Schirmkiefern. Diese Schirmkiefern waren eine große Inspiration für Eric, als er das Stück schrieb. Der langsame Mittelteil trägt den Titel „The Pines at Villa Pamphili“, benannt nach der nur einen kurzen Spaziergang von der Akademie entfernten Villa. Also begann ich, das Stück zu üben, und stellte schnell fest, dass es nicht nur anstrengend zu spielen war, sondern auch, die Doppeltrichter-Posaune 12 Minuten lang ohne Pause zu halten. Die zarte „Pines“-Passage im Mittelteil war besonders anspruchsvoll, da mein linker Arm zu zittern begann. Schließlich fand ich die Lösung in einer Ergo-Bone-Stütze, die die Posaune wie bei einem Saxophon- oder Fagott-Spieler in einem Gurt fixiert. Ein weiteres Problem waren die schnellen Läufe auf dem zweiten Trichter, die für das offene Ventil geschrieben waren, die eine etwas andere Obertonreihe hat – die Töne sind bis zu einem Halbton tiefer als gewöhnlich. Das machte viele dieser Läufe auf der Doppeltrichter-Posaune, deren Obertonreihe dieselbe ist wie bei der normalen, extrem schwierig. Nach Rücksprache mit Eric änderte ich einige der Noten in den Läufen des zweiten Trichters, damit sie „spielbarer“ wurden, ähnlich wie in der Originalfassung. Eric, selbst Trompeter, hatte tatsächlich eine Posaune gekauft, um die Läufe auszuprobieren, und wusste, wie sie auf dem offenen Ventil funktionieren würden. Eric war ein paar Monate vor dem Konzert in Düsseldorf, sodass wir uns treffen, uns besser kennenlernen und das Stück gemeinsam durchgehen konnten. Dabei probierten wir aus meiner großen Sammlung den besten Dämpfer für den zweiten Trichter aus. Nach etwa neun Monaten Übung fuhr ich nach Rom. Ich wohnte in der Villa Amelia, einem wunderschönen Anwesen mit einem beeindruckenden Garten. In der Woche zuvor hatte ich mir bei einem Aufenthalt mit der Musikfabrik in Berlin eine Covid-Infektion eingefangen und musste mich an diesem schönen Ort isolieren, während mir italienische Mahlzeiten aufs Zimmer geliefert wurden. Ich konnte jedoch spazieren gehen und besuchte die Schirmkiefern bei der Villa Pamphili. Kurz vor dem Konzert konnte ich glücklicherweise einen negativen Test vorweisen. Da ich so viel Zeit in dieses Stück investiert hatte – wahrscheinlich mehr als in jedes andere Stück, das ich je gespielt habe – wollte ich eine Aufnahme davon machen. Die Musikfabrik war so großzügig, ein Video davon zu produzieren. Janet Sinca übertraf sich selbst und reiste sogar zweimal nach Rom, um Videos von den Schirmkiefern zu drehen. Das fertige Video ist ein echtes Schmuckstück und meine letzte Aufnahme für die Musikfabrik – ein Abschiedsvideo.
As Above, So Below leitet seinen Titel von einem bekannten hermetischen Spruch ab, der im Wesentlichen die zugrunde liegende Einheit zwischen zwei scheinbar getrennten Welten beschreibt. Mein Werk, konzipiert als Duett für einen Solo-Interpreten, fokussiert sich auf einen Dialog zwischen zwei Seiten desselben Instruments. Zwei unterschiedliche Charaktere treten in eine musikalische Konversation. Ich schrieb dieses Stück während meines Aufenthalts an der American Academy in Rom, die auf dem höchsten Hügel Roms liegt und fast die gesamte Stadt überblickt. Jeden Morgen ging ich auf die Dachterrasse und schaute auf die Stadt hinab. Seit meiner Kindheit habe ich Träume, in denen ich (auf wundersame Weise) ohne jede technische Hilfe fliegen kann, und während einer dieser morgendlichen Sitzungen auf der Terrasse stellte ich mir vor, in den Himmel katapultiert zu werden und über der Stadt zu schweben. Ich stellte mir vor, von Windböen getragen zu werden und wie ein Blatt umhergewirbelt zu werden. Das Stück ist in drei große Abschnitte unterteilt. Der erste Abschnitt kreist um diese Fantasie des Fliegens über Rom. Die Musik baut sich allmählich auf, gewinnt an Dynamik, bis wir uns in den Himmel geschleudert finden, immer höher aufsteigend, bis wir wie Ikarus zu Boden stürzen. Im Mittelteil stelle ich mir vor, in einem faszinierend schönen Hain von Schirmkiefern bei der Villa Pamphili zu landen, die im Gianicolo von Rom liegt. Ich entdeckte diesen Hain eines Nachmittags bei einem Spaziergang und war sofort von der Schönheit dieser Hunderte von Bäumen erfasst, die gleichmäßig in Reihen standen. Alle Bäume schienen sich auf einen zentralen Punkt zuzuneigen, ihre Äste berührten sich darüber, und ich fühlte mich in diesem magischen Raum geborgen. Der letzte Abschnitt kehrt erneut in den Himmel zurück.
Eric Nathan © Rebecca Fay Photography
Bruce Collings @ Janet Sinica
Am 23. November präsentieren wir im WDR Funkhaus Lisa Streichs neues Werk VOGUE. Dieses Gespräch mit Lisa Streich und Hannah Weirich haben wir für unsere Halbjahresbroschüre im Sommer dieses Jahres aufgezeichnet.
HANNAH WEIRICH: LIEBE LISA, WIE SCHÖN, DASS DU EIN STÜCK FÜR UNS SCHREIBST. KANNST DU MEHR DARÜBER ERZÄHLEN?
Lisa Streich: Es sind im Grunde genommen „mikrotonale Popsongs“. So nenne ich sie. Es sind einfache Lieder, die ich schreibe, inklusive der Texte. Diese werden mikrotonal komponiert, also instrumentiert und harmonisiert.
HAT DICH DIE MUSIKFABRIK DAZU INSPIRIERT, POPSONGS ZU SCHREIBEN? WIE BIST DU AUF DIESES THEMA GEKOMMEN? DAS KENNE ICH BISHER NOCH NICHT BEI DIR.
Ich dachte mir, mit der Musikfabrik kann ich alles machen [lacht], und ich habe das Gefühl, ich kenne sie alle ein wenig, so dass ich ihre einzelnen Persönlichkeiten hoffentlich gut erfassen kann.
WORUM GEHT ES IN DEINEN SONGS?
Alles und nichts – typische Popthemen. Die Texte erscheinen mir persönlich tiefgründig, aber sie sind sehr offen und aus dem Leben gegriffen, auch wenn es nicht mein eigenes ist.
A BOY WHO SINGS
A BOY WHO DREAMS
A BOY WHO DIES
A BOY WHO SELLS
A BOY WHO SPEAKS
A BOY WHO SEES
A TAILLURED MAN
ANOTHER CRA Z Y.
AN EMPTY STOMACH
A HEAV Y HEART
THE PERFECT PAIR
ON THAT SPECIAL DAY
HE KEPT IN HIS HAT
A UNIVERS OF DEMOLITION.
HE’S ASPHALTED BY DESTINY
HE EXHALES LOVE
AND INHALES TAR
WHO IS THIS BOY
WITH SAD CONSONANCES?
HE NOTICED HIS SHADOW
IS GREEN LIKE DISPAIR
GREEN LIKE FEAR
ABYSS AND OBLIVION
GREEN LIKE THE VIOL ATION OF RED
GREEN LIKE THE SL AP AND THE L AST OUTRAGE
GREEN LIKE THE BODY
HANGING ON HIS GALLOWS.
HIS HEART BECAME RED
RED LIKE PRIDE
RED LIKE BLOOD
RED LIKE PAIN AND SHAME
RED LIKE A LOBSTER
BL ACK LIKE A HUMMER
WE LOVE GOOD CONSCIOUS.
MY T WELVE YEAR OLD BOY
WAS NINE TIMES FUCKED
AND RED WAS SUCKING
THEIR APOCALYPSE FINGERS.
A BOY WHO SINGS
A BOY WHO DREAMS
A BOY WHO DIES
A BOY WHO SELLS
A BOY WHO SPEAKS
A BOY WHO SEES
A TAILLURED MAN
ANOTHER CRA Z Y.
UND WIE STELLE ICH MIR DAS DANN VOR? STEHT DA JEMAND AUF, KOMMT IN DIE MITTE UND SINGT?
Nein, nicht ganz. Es wird verschiedene Szenen auf der Bühne geben, und immer einen Solisten oder eine Solistin, der oder die zusammen mit ihrem Instrument singt. Niemand ist alleiniger Leadsänger, sondern jeder oder jede ist mit seinem Instrument verbunden. Und dann gibt es die „Band“, die dahinter steht. Es gibt nicht nur ein Lied, sondern manchmal auch zwei oder drei gleichzeitig. Es sind verschiedene Schichten von Songs.
DAS KLINGT SPANNEND! DU VERWENDEST OFT BEREITS EXISTIERENDE HARMONISCHE VERLÄUFE. WIRD DAS AUCH HIER DER FALL SEIN?
Genau. Ich arbeite mit meinem Akkord-Katalog.
DAS MUSST DU MIR KURZ ERKLÄREN.
Das ist ein Katalog, der jetzt auch als Buch im Sommer erscheint. Er besteht aus Momenten aus YouTube; Aufnahmen von Amateurchören, die eine Spur falsch singen. Dadurch höre ich den Dur- oder Moll-Akkord oder die Terz, die Sexte quasi wie zum ersten Mal. Der Ausdruck verschärft sich dadurch, dass er nicht so erklingt, wie ich es gewohnt bin. Gleichzeitig erkenne ich aber die kleine Terz und den Ausdruck der kleinen Terz.
DAS HEISST, ES GIBT IM NEUEN STÜCK KEINE LÄNGEREN HARMONISCHEN VERLÄUFE, DIE DU ÜBERNIMMST? BEI „SAI BALLARE?“ GAB ES JA ZUM BEISPIEL EINEN AUSSCHNITT AUS EINEM HAYDN-TRIO IN EXTREMER VERLANGSAMUNG. JETZT SIND DANN EHER EINZELNE HARMONIEN, …
… die ich dann neu zusammensetze, genau. Und diese Harmonien habe ich in verschiedene Ausdrücke katalogisiert, zum Beispiel GLORIA, LES BAINS, LYS, REMEMORY, GEBET, APFELSINE, GOD WAS NOT A FEMINIST und viele mehr.
WOHER KOMMEN DENN DIESE THEMENFELDER?
Dieser Katalog stammt aus verschiedenen Stücken, die ich geschrieben habe, wo ich genau diese Ausdrücke gesucht habe. Und jetzt kann ich darauf zurückgreifen. Aber ich sammle immer weiter.
HAST DU DEN KLANG DER AKKORDE IM OHR, ODER HÖRST DU DIR SIE IMMER WIEDER AN?
Ich habe die Akkorde mittlerweile fast alle in meinem Kopf. Sie sind meine Schätze, meine Pralinenkiste oder ein Schrank voll mit Düften. [lacht]
WENN DU KOMPONIERST, IST ES HILFREICH FÜR DICH ZU WISSEN, WELCHE MUSIKER*INNEN SPIELEN? SCHREIBST DU FÜR BESTIMMTE PERSONEN?
Ja, das beeinflusst mich sehr. Für dieses Projekt besonders. Wer welchen Song bekommt, ist entscheidend. Zum Beispiel könnte der Song für Florentin schwer von jemandem anderen aus dem Ensemble gesungen werden.
GIBT ES AUSSERMUSIKALISCHE THEMEN, DIE IN DEINE SONGS EINFLIESSEN?
Ja, die Ausdrücke sind eng mit meinem Leben verbunden. Sie spiegeln beispielsweise Erfahrungen, die Rezeption von Texten, Kunstwerken und Einflüsse von Freunden wider.
GIBT ES BESTIMMTE THEMEN, DIE DU ERWÄHNEN MÖCHTEST?
Nein, ich würde es eher abstrakt lassen. Also, Apfelsine steht zum Beispiel für fordernde, strahlende Klänge, die aber so ein wenig sauer sind. Ich habe auch zu jedem Ausdruck ein Gedicht geschrieben. Hier zum Beispiel für ZUCKER:
EMPTY EVERYDAY
HEAVENLY HAPPINESS
LIEBLING.
(HABIBI.)
DU VERWENDEST OFT THEATRALISCHE ODER VISUELLE EFFEKTE IN DEINER MUSIK. GIBT ES SOLCHE ELEMENTE AUCH IM NEUEN STÜCK?
Es wird bestimmt choreografische Elemente geben. Ich möchte Duos kreieren, die zusammen Choreografien befolgen oder sich in ihrem Spiel beeinflussen. Aber das ist noch nicht festgelegt.
Die Crux wird sein, dass ich den elektronischen Charakter von Popsongs nachspüren will und doch meist traditionelle Instrumente benutze. Es gibt dann wahrscheinlich maximal ein oder zwei Synthesizer, aber der Rest werden akustische Instrumente sein. Da bin ich total gespannt, wie sich das mischt und ob sich das mischt. Das ist vielleicht die größte Herausforderung oder auch das schönste Moment, wenn das dann nicht gelingt. Oder wenn es gerade so gelingt, so dass man diesen Hybrid lieben lernt.
BEI STREICHERN BENUTZT DU GERNE SEHR BIZARRE BOGENGESCHWINDIGKEITEN, EXTREM LANGSAM ODER EXTREM SCHNELL, WAS EINE GANZ EIGENE ART VON SCHÖNHEIT HERVORBRINGT – WEIL ZUM BEISPIEL DIESES STREICHEN MIT KAUM WAHRNEHMBARER BEWEGUNG EINEN BRÜCHIGEN KLANG ERZEUGT, WAS SO ÜBERHAUPT NICHT DEN KLASSISCHEN SCHÖNHEITSIDEALEN ENTSPRICHT. ABER WENN MAN SICH DARAUF EINLÄSST, FINDE ICH ES UNGLAUBLICH SCHÖN, POETISCH UND VIEL FARBENREICHER ALS EINEN NORMALEN, „SCHÖNEN“ KLANG. WIE BIST DU DAHIN GEKOMMEN? WAS HAT DICH DA ZU INSPIRIERT?
Ich glaube, es fing damit an, dass ich normale Dur- und Moll-Klänge in meiner Musik haben wollte. [lacht] Mit einem wahnsinnig langsamen Bogen gibt es dann andere, quasi staubigere Akkorde. Und dann kam aber auch das choreografische Moment hinzu. Ich sehe immer Flügelkreaturen bei Streichern. Im Notenständer sehe ich die Füße vom Vogel, und der Arm des Streichers wird der Flügel. Es ist ein ganzes Objekt, das ich immer schon bei Streichern gesehen habe. Darüberhinaus benutze ich die Bogengeschwindigkeit auch, um eine gewisse Imperfektion hineinzubringen. Um einzubauen, dass man im Prinzip nie richtig Kontrolle über das Stück hat und es im Moment formbar ist.
IN DEN LETZTEN JAHREN HAST DU FÜR ALLE BESETZUNGEN GESCHRIEBEN, VON SOLO ÜBER KAMMERMUSIK BIS HIN ZUM GROSSEN SINFONIEORCHESTER. WAS REIZT DICH GANZ
BESONDERS AN EINER ENSEMBLEBESETZUNG?
Großes Ensemble ist faszinierend, weil es solistisch sein und trotzdem den Klang eines Orchesters haben kann. Man hat also eigentlich die ganze Bandbreite, und das ist besonders herausfordernd. Beim Orchester kann/muss man einfacher schreiben, gleichzeitig bekommt man viel geschenkt. Bei Kammermusik kann/muss man differenzierter arbeiten. Ein Ensemble erlaubt es, zwischen beiden Welten zu wechseln.
WOFÜR SCHREIBST DU AM LIEBSTEN?
Orchester. Groß. Je mehr, desto besser. Viel hilft viel.
[LACHT] WARUM?
Das liegt an den Akkorden. Sie sind bis zu 32-stimmig. Und um den Körper dieser Akkorde abzubilden, sind mehr Spieler*innen besser. Darin stechen manche Töne heraus, manche sind forte, zum Beispiel ein vielfaches Piano. Und das ist unglaublich schwer zu balancieren, wenn man nur 16 Spieler*innen hat. Jeder interpretiert ein Mezzopiano anders. Und da entsteht es bei kleineren Formationen unglaublich leicht, dass der Akkord in etwas anderes umschwenkt. Und bei großen Formationen ist einfach so eine gewisse Sicherheit gegeben. Dann gibt man die prominenten Töne an zehn Musiker*innen, und alle spielen in der gleichen Dynamik, aber die Töne werden trotzdem lauter, weil sie mehrfach besetzt sind.
DAS HEISST, DU ANALYSIERST NICHT NUR DIE HARMONIK DER AKKORDE, SONDERN AUCH DIE BALANCE DER AKKORDTÖNE?
Ja, ich verstärke auch Teiltöne im Spektrum, wo meiner Meinung nach der größte Ausdruck vorhanden ist.
WIE BIST DU DENN ÜBERHAUPT AUF DIE AMATEURCHÖRE GEKOMMEN?
Ich habe immer viel Musik gehört. Und als ich 2016/17 in Rom gewohnt habe, kam ich an einen Punkt, an dem ich dabei auf einmal nichts mehr empfunden habe. Ich wollte wirklich neue Musik finden, die wieder Freude bringt oder die einen fühlen lässt, dass man am Leben ist. Und dann bin ich auf diese Amateurchöre bei YouTube gestoßen. Und das war wirklich so, als ob ich wieder drei Jahre alt bin und zum ersten Mal Mozart höre und diese einfachen Harmonien zum ersten Mal erleben darf. Und seitdem suche ich diese Momente und sammle sie.
WELCHE ART VON MUSIK HÖRST DU GERNE?
Alles. Ich liebe Klassik, alte Musik, aber auch Popmusik und HipHop. Meine Tochter hört jetzt K-Pop. Das ist ganz neu für mich. Also es ist ähnlich, aber es ist ganz anders im Ausdruck. Vor allem die Texte. Es ist einfach spannend zu sehen, was für Gefühle es jetzt in unserer Welt gibt und wie unterschiedlich die Parallelen nebeneinander herlaufen.
HAT DAS, WAS DU HÖRST, EINFLUSS AUF DAS, WAS DU SCHREIBST?
Es gibt so Momente, wo ich total verliebt in Musikstücke bin, und dann ist es schwer, nicht zumindest darauf einzugehen. Weil ich dann denke, es gibt nichts Besseres als dieses eine Stück. Und ich muss diese Liebe, das Stück, einbauen, auch wenn es am Ende vielleicht überhaupt nicht erkennbar ist.
WANN HAST DU ANGEFANGEN ZU KOMPONIEREN?
Mit 14 habe ich zum ersten Mal etwas geschrieben, es aber schnell verworfen, weil ich dachte, Komponistin zu werden, sei nur etwas für Männer. Das kann man als Frau gar nicht, Komponistin werden.
WAS HAT DICH DAMALS ZUM KOMPONIEREN GEBRACHT?
Die Liebe zur Musik. Ich hatte aber nie die Partitur einer Frau gesehen. Das existierte in meiner Welt nicht.
WIE GING ES DANN WEITER?
Dann bin ich mit 18/19 nach Berlin gezogen, und da habe ich ein Stück von Rebecca Saunders gehört. Und dann wurde mir klar, man kann Komponistin werden als Frau. Und das fiel damit zusammen, dass ich eigentlich wahnsinnig gerne Musik machen wollte, mein ganzes Leben lang, aber definitiv nicht auf der Bühne stehen wollte.
UND DANN WAR KLAR, DASS DU KOMPONISTIN WERDEN WILLST?
Ja! Ich empfinde es als großartig, dass man Musik ohne Auftritt machen kann, ohne auf der Bühne zu stehen. [beide lachen]
WAS FÜR EIN GLÜCK FÜR UNS! VIELEN DANK FÜR DAS SCHÖNE
GESPRÄCH – WIR FREUEN UNS AUF DEIN NEUES STÜCK!
Juni 2024
©Ricordi_Harald Hoffmann
Studio Musikfabrik in Bangkok (2024)©PGVIM
Nach einer langen Flugreise erreichen die zwei Studio Musikfabrik Teilnehmer Franz Ferdinand August Rieks und Gabriele Mastrototaro mit Peter Veale, dem künstlerischen Leiter, frühmorgens den Flughafen in Bangkok. Den jungen Musikern steht eine Woche (18. – 25.08.24) voller Proben, Konzerte, Austausch und neuen Erfahrungen am Princess Galyani Vadhana Institute of Music bevor. Die Kooperation zwischen dem Institut und Studio Musikfabrik besteht nun schon seit einigen Jahren. Am Sonntag wird überwiegend intern geprobt und es herrscht eine ruhige Wochenendstimmung auf dem menschenleeren Gelände. Die darauffolgenden Tage sehen hingegen anders aus, da sich das Gebäude von Tag zu Tag mit mehr Studierenden des Institutes und aus Gastländern füllt. Peter Veale leitet den Großteil der Proben, gibt Tipps, hilft bei allen Fragen zu den Werken für die Musiker von Studio Musikfabrik, den Studierenden von der Lübecker Musikhochschule und den thailändischen Musiker*innen. Das ein oder andere Werk des internationalen Programms bietet den Musiker*innen außerdem erstmalige und neue Erfahrungen, wie z.B. die Zusammenarbeit zwischen dem Flötisten Gabriele Mastrototaro von Studio Musikfabrik und dem Improvisationstänzer Mike Hornblow, die sich am Tag des Konzertes in der ganz besonderen Konzertlocation GalileOasis – einem atmosphärisch beleuchteten Raum mit freigelegter Mauerwand und freistehenden Holzbalken inmitten eines pflanzenbedeckten Innenhofes, kennenlernten:
“I had in particular an immediate nice feeling during the concert at GalileOasis, in which the performer Mike Hornblow and me, were following each other in a music-dance performance on Bettina Skrzypczak music.” (Gabriele, Flöte)
Neben Stücken, die fest im Programm eingeplant sind, bietet das Symposium ebenfalls Raum für frei improvisierte Stücke. So arbeiten Franz Rieks, der als Pianist und Komponist von Studio Musikfabrik mitgereist ist und Adrian Theiß (Trompete) aus der Musikhochschule Lübeck an einer gemeinsamen freien Improvisation mit Modular Synthesizer.
Das Symposium startet am 21.08.24 unter dem Motto „Dreamland – Music: Conflict and Harmony“ mit Vorlesungen, Präsentationen, Konzerten und Workshops. Jeden Abend treffen sich alle Beteiligten zu den Konzerten im Veranstaltungssaal des PGVIM. Das Abschlusskonzert am Samstagabend zeigt ebenfalls besonders herausfordernde Stücke wie unter anderem “Nochmal” von Franz Rieks.
“The musical week at Princess Galyani Vadhana Institute, during the PGVIM Festival, was an intense mixture of having great connection and inspiration from the wonderful participants and giving our interpretation, through the music we played. .” (Gabriele, Flöte)
Wir bedanken uns herzlich beim Princess Galyani Vadhana Institute of Music für die überwältigende Gastfreundschaft und die inspirierende Zeit und freuen uns schon auf weitere Zusammenarbeit.
Helmut Lachenmann (*1935) – Dritte Stimme zu J.S. Bachs
zweistimmiger Invention d-moll BWV 775 (1986)
für zwei Violinen und Kontrabass
Tobias Schwencke (*1974) – You never know (2024) Uraufführung
für Bassflöte, zwei Violinen und Philicorda
John Cage (1912-1992) – Concert for Piano and Orchestra (1957/58)
für Ensemble
Dariya Maminova (*1988) – Serenade (2024) Uraufführung
für Stimme, Viola, Vibraphon und Klavier
…John Cage…
Milica Djordjevic (*1984) – Pomen III (2024) Uraufführung
für Bassklarinette und Violine
…John Cage…
Eivind Buene (*1973) – Liebeslied (2024) Uraufführung
for five players and piano without pianist
…John Cage
Gordon Kampe (*1976) – ein Lied und ein Gigue (2024) Uraufführung
für Violine, Horn, Posaune und Tuba
Harry Partch (1901-1974) – Time of fun together (1965/66)
für Ensemble
Im Alter von 15 Jahren wurde ich Jungstudent im Fach Klavier, sodass trotz des Altersunterschieds von knapp 16 Jahren, Uli und ich in einer Klavierklasse waren, er im Examenssemester. Während der Semesterferien bekam Uli den Auftrag, mich zu unterrichten. Bei der Arbeit an einer Fuge von Bach, schlug er vor, einige Motive mit Text zu versehen, um sie zu singen und so den Ausdruck zu intensivieren. Durchaus allgemein übliches Vorgehen, mir bloß zu dem Zeitpunkt noch unbekannt. Für ein viertöniges Seitenmotiv schlug er vor: “you never know” Das war für mich so unerwartet eindrücklich und gleichzeitig so passend, dass ich diesen Moment oft erinnere…
Tobias Schwencke
Das Wort Pomen kann sowohl als Erwähnung als auch als Erinnerung übersetzt werden, es steht aber auch für eine sehr alte serbische Tradition rund um den Tod, bei der verschiedene Rituale durchgeführt und traditionelle Lieder für die Verstorbenen auf eine ganz besondere – äußerst ausdrucksstarke und kraftvolle, aber dennoch nicht pathetische Weise gesungen wurden. Manche versinken in Trauer um ihre Lieben, manche feiern sie, manche tun beides, manche bringen Essen und Getränke, manche singen…
Das Stück ist wahrscheinlich nur einer von vielen Besuchen.
Milica Djordjević
Die Zusammenarbeit von Musiker und Komponist bei der Rea- lisierung eines Werkes ist eine sehr persönliche persönliche Er- fahrung. Auch wenn man sich zu Beginn der Arbeit noch nicht sehr gut kennt, das gemeinsame Streben nach der Gestaltung von Klang und Zeit bringt einen auf einer menschlichen Ebe- ne zusammen. Es ist eine Es ist eine Aufgabe, eine gemeinsame Sprache und einen Ausdruck für innere Zustände und Fanta- sien zu finden, und Manchmal fühlt sich die Kommunikation wie etwas sehr Reales an. Das war für mich der Fall, die Zu- sammenarbeit mit Uli. Wir arbeiteten im Kontext des gesam- ten Ensembles zusammen, mit seiner wunderbaren analogen Instrumenten, und wir arbeiteten zusammen in Hannahs und Ulis Haus auf dem Land gearbeitet und ein Duett geschaffen, das mir sehr gut gefällt. Vielleicht weil die Aufgabe – für einen Minimoog-Synthesizer und eine Violine zu schreiben – zunächst unmöglich erschien. Erst durch die Zusammenarbeit konnten wir ein lebendiges Stück Musik schaffen.
Mein Liebeslied ist, wie der Titel schon sagt, eine einfache Melo- die. Das Lied gehört sicher zur Stimme, aber in diesem diesem Stück ist die Aufgabe, die Liebe zu besingen, den Instrumenten übertragen. Das Wort ‚Liebe‘ setzt sich auch Das Wort „Liebe“ setzt sich auch durch Rhythmen durch, die aus dem Morseal- phabet abgeleitet sind und in verschiedenen Sprachen buchsta- biert werden, von Skandinavisch, Deutsch und Latein bis hin zu Slawisch, Arabisch und Hebräisch. Das Stück ist ein kleines ein kleines Zeichen der Zuneigung für Uli, für die Freundlichkeit und Sanftheit, die ich bei der Arbeit mit ihm mit ihm erlebte.
Eivind Buene
Ich sitze in der Bahn und höre dort gerne Musik, von der ich keine Ahnung habe, an der ich irgendwie vorbeigedaddelt bin. Neulich etwa: Rameau. Castor und Pollux. Es dudelt und nu- delt und dauert. Da trifft mich der Schlag, ich weiß nicht von wo: »Tristes apprêts pâles flambeaux«. Ein Quinte, eine Quar- te – wie kann etwas so schön und so traurig gleichzeitig sein? Diese beiden Intervalle mussten in das kleine Lied hinein und dann noch ein winziger Tanz – und wenn wir schon einmal in Frankreich sind: dann muss es eine Gigue sein.
Gordon Kampe
Abschlusskonzert der Virtual Brass Academy mit 3-minütigen Uraufführungen der teilnehmenden Komponist*innen
Rodolfo Valente (*1979) – palavratrovão #2 – für Blechbläserquartett
Gregor Kulla – I stand and watch – für Blechbläserquartett
Bo Huang (*2001) – Virtuality or Reality – für Blechbläserquartett
Krõõt-Kärt Kaev (*1992) – UNDULATION – für Posaune solo
Njabulo Phungula (*1993) – Points – für Horn und Trompete
Armin Cservenák (*1995) – SPLIT I –für Blechbläserquartett
Stephen Mulligan (*1988) – Panic – für Blechbläserquartett
Nilufar Habibian (*1991) – State 2 – für Trompete und Tuba
Dea Ahma (*2003) – Grans – für Blechbläserquartett
Emre Sener (*2001) – PEAK – für Blechbläserquartett
Zampia Betty Mavropoulou (*1991) – In Between – für Blechbläserquartett
Marie Nečasová (*1997) – Fluff Pebble – für Tuba solo
Yalda Jahangiri (*1999) – A Metamorphosing Creature! – für Trompete, Posaune und Tuba
Camila Agosto (*1995) – Light Leak 1 – für Horn und Posaune
Hsin-Hua Wang (*1991) – Everything Everywhere All At Once – für Blechbläserquartett
Hyo Eun Ahn (*1993) – Sonic Meditation – für Horn, Posaune und Tuba
Cem Güven (*1997) – Fictional Germinations II – für Blechbläserquartett
Christine Chapman, Horn
Marco Blaauw, Trompete
Stephen Menotti, Posaune
Maxime Morel, Tuba
Rodolfo Valente ist ein brasilianischer Komponist, der musikalische Tradition mit der Erkundung neuer Klänge verbindet. Drama, Schönheit und Ausdruck spielen in seiner Musik immer eine zentrale Rolle.
Gregor Kulla (geb. 2000) ist Komponist*, Performancekünstler*, Schriftsteller* und Model. Kulla studierte Komposition an der Estnischen Musik- und Theaterakademie und fokussierte sich auf nachhaltige Kunst an der EU School of Participation. Kulla wurde u.a. als Tartu Noor Kultuurikandja 2020 ausgezeichnet und lehrt seit 2021 an der Universität Tartu Viljandi. Kullas Arbeit thematisiert Gender Studies, Feminismus, Minderheitenkulturen und östliche Philosophien.
Bo Huang ist eine Komponistin aus Changsha, China. Ihre Werke werden weltweit aufgeführt. Sie hat mit renommierten Ensembles wie Ensemble Modern und Ensemble Musikfabrik zusammengearbeitet und ist Teilnehmerin der Lucerne Festival und ManiFeste Academy. Derzeit studiert sie Komposition an der Eastman School of Music.
Krõõt-Kärt Kaev (1992) ist eine estnische Komponistin, die in Hamburg lebt. Sie studierte Komposition an der Tallinn Music High School, Georg Otsa Music School und der Estnischen Musikakademie (Galina Grigorjeva). Ihren Bachelorabschluss in instrumentaler und elektroakustischer Komposition erwarb sie an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Derzeit setzt sie ihr Masterstudium an der Kunstuniversität Graz bei Prof. Franck Bedrossian fort.
Njabulo Phungula ist ein Komponist aus Durban, Südafrika. Er erwarb seinen Abschluss an der University of KwaZulu-Natal, wo er bei Jürgen Bräuninger und später bei Clare Loveday studierte. Seine Musik erforscht komplexe Formen, inspiriert von den Konzepten Zeit, Erinnerung und dem kreativen Prozess selbst.
Ármin Cservenák ist ein ungarischer Komponist und Dirigent. Nach seinem Studium in Budapest setzte er seine Ausbildung an der Kunstuniversität Graz bei Beat Furrer, Bernhard Lang und Georg Friedrich Haas fort. Er ist Stipendiat der Akademie Musiktheater Heute und gewann 2022 den 3. Preis und den Publikumspreis beim 76. Concours de Genève.
Stephen Mulligan stammt aus Baltimore, Maryland (USA), und begann seine musikalische Laufbahn mit dem Geigenstudium, bevor er eine Karriere als Dirigent einschlug. Während der Pandemie erweiterte er seinen Fokus auf Komposition und erwarb einen Abschluss bei Jörg Widmann an der Barenboim-Said Akademie in Berlin.
Nilufar Habibian ist eine preisgekrönte iranisch-britische Komponistin und Kanun-Spielerin. Sie hat einen BA in Musik von der Royal Holloway, University of London, und einen Master in Komposition von der Guildhall School of Music and Drama sowie der Anton Bruckner Universität. 2023 wurde ihr Werk „Az Nahayate Tariki“ für den Royal Philharmonic Society’s Chamber-Scale Composition Award nominiert.
Dea Ahma wurde 2003 geboren und stammt aus Gjakova, Kosovo. Sie studiert derzeit Komposition im Bachelorstudium an der Universität Prishtina „Hasan Prishtina“ in der Klasse von Drinor Zymberi.
Emre Şener (geb. 2001) ist ein preisgekrönter türkischer Komponist und Dirigent. Er ist Mitbegründer und Dirigent der London Contemporary Soloists. Şener studierte an der Royal Academy of Music in London und schloss mit höchster Auszeichnung ab. Ab Herbst 2024 beginnt er sein Masterstudium an der Juilliard School.
Zampia Betty Mavropoulou ist eine griechische Komponistin, die in Hannover lebt. Sie hat ihr Diplom in klassischer Gitarre in Griechenland abgeschlossen und studiert derzeit Komposition an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Sie studiert instrumentale Komposition bei Aaron Cassidy und Niklos Drelas und elektronische Komposition bei Joachim Heintz.
Marie Nečasová lebt in Prag, Tschechien. Sie studierte Komposition in Prag, Linz und Lyon und setzt ihr Studium in Wien fort. Zusätzlich studierte sie Musikverlag, Buchgrafik und Alte Musik. In ihren Kompositionen verfolgt sie einen „visuellen“ Ansatz und verbindet Klangtexturen mit Stimmen und Melodien – Aquarellabstraktionen mit grafischen Linien.
Yalda Jahangiri (geb. 1999) studierte Musik an der Universität Teheran. Ihre Leidenschaft für zeitgenössische Komposition entdeckte sie während ihres Studiums. Derzeit studiert sie Komposition bei Maurizio Azzan, um ihre künstlerische Stimme weiterzuentwickeln.
Camila Agosto ist eine elektroakustische Komponistin, interdisziplinäre Künstlerin und Pädagogin in New York City. Ihre Arbeit wird von Konzepten wie Erinnerung, Wahrnehmung und psychoakustischen Erfahrungen inspiriert. 2023 erhielt sie den Berlin Prize der American Academy in Berlin und ist Deutsche Bank Fellow in Music Composition. Derzeit beendet sie ihr Doktoratsstudium an der Columbia University.
Hsin-HuaWang ist eine preisgekrönte taiwanesische Komponistin, Pianistin und Autorin, die in Los Angeles lebt. 2023 wurde sie bei den New Jersey Web Fest für die beste Filmmusik nominiert und erhielt 2021 den Preis „Special Achievement in Music for Animation“ von The American Prize. Sie hat einen MFA-Abschluss in Komposition von CalArts und einen Bachelor in Industriedesign von der National Cheng Kung University in Taiwan.
Hyo Eun (Heather) Ahn ist eine südkoreanische Komponistin, die derzeit in Baltimore lebt. Ahn studiert am Peabody Institute bei Oscar Bettison und Felipe Lara und hat zuvor Abschlüsse am Peabody Institute und der Ewha Women’s University erworben.
Cem Güven (geb. 1997) ist ein türkischer Komponist aus Istanbul. Er absolvierte die Juilliard School und die Royal Academy of Music und promoviert derzeit mit einem Stipendium an der Columbia University. Güven ist für den Gaudeamus Award 2024 nominiert und hat zahlreiche internationale Preise gewonnen. Seine Werke wurden von renommierten Orchestern und Ensembles aufgeführt.
Malika Kishino – Lamento (2013)
für zwei Violinen
Hannah Weirich, Violine
Sara Cubarsi, Violine
Janet Sinica, video/editing
Stephan Schmidt, recording producer/editing
Seit Anbeginn der Zeit ist Japan mit einer erstaunlichen Natur gesegnet, die auch mit natürlichen Bedrohungen wie Taifunen, Erdbeben und aktiven Vulkanen koexistiert. Als ich darüber nachdachte, empfand ich Sympathie für das Konzept der Symbiose und komponierte mein Stück auf der Grundlage des Gedankens der Koexistenz von Natur und Mensch. Der Impuls der Natur wird durch das „Pizzicato“ der Geigen dargestellt. Die raue, fließende Energie wird durch das Anschlagen der Saiten mit der Rückseite des Bogens (col legno) wiedergegeben. Im Gegensatz dazu habe ich zur Darstellung des Menschen ein Volkslied aus Fukushima zitiert, das „Sohma Nagareyama“ heißt. Im Text geht es um die Sehnsucht nach der Heimat und die Schwankungen der Zeit. Ich wollte diese Volksmelodie als Symbol für die Landschaft des Herzens verwenden. Dieses Motiv wird von harmonischen Geigen gespielt, die ich mir als eine Flut von Sepiafarben vorstelle.
Während der Arbeit an dem Stück dachte ich auch an ein anderes Element, mit dem die Menschheit niemals in Frieden koexistieren kann. Es war die Existenz der Kernkraft. Seit den 1950er Jahren haben wir Japaner uns mehr und mehr auf die Kernenergie als Energiequelle verlassen. Wir haben uns auf die Vorteile und den Nutzen der Kernenergie konzentriert und es vermieden, uns mit den Risiken zu befassen, bis der Unfall passierte. Japan hat eine lange Geschichte von Erdbeben und seismischer Aktivität, die in den vergangenen Jahrhunderten mehrfach zu Tsunamis geführt haben. Meiner Meinung nach hätten wir die Risiken des Baus und Betriebs von Kernkraftwerken in einem solchen Gebiet gründlicher abwägen müssen. Mit der Kernenergie hat die Menschheit etwas produziert und davon profitiert, was wir nicht kontrollieren konnten. Jetzt, wo dieser Unfall passiert ist, ist der Preis, den wir bezahlt haben, zu hoch und zu schmerzhaft. Wenn ich an diese
Realität denke, schwillt mein Herz vor Kummer an. Ich widme „Lamento“ allen Menschen, die von dem großen Erdbeben im Osten, dem Tsunami und der Nukleartragödie von Fukushima betroffen sind und weiterhin darunter leiden.
Malika Kishino
Nach einer äußerst erfolgreichen Zusammenarbeit von 23 Jahren müssen wir nun bekannt geben, dass Thomas Fichter uns am 1. August 2025 verlassen wird.
Thomas Fichter wurde 2001 Intendant der Musikfabrik. Er organisierte den Umzug des Ensembles von Düsseldorf nach Köln und schuf eine stabile Grundlage für das Ensemble, einschließlich der Konzertreihe Musikfabrik im WDR. 2004 zog er nach New York City, unterstützte das Ensemble jedoch weiterhin viele Jahre als Berater. 2015 kehrte er zunächst als Berater zurück und übernahm ab 2017 erneut die Rolle des Intendanten. In den letzten Jahren arbeitete er unermüdlich daran, dem Ensemble eine solide Zukunft zu sichern, erfolgreiche Projekte zu initiieren und uns durch die unsicheren Zeiten der Corona-Lockdowns zu führen.
Die Arbeit von Thomas Fichter war und ist von existenzieller Bedeutung für das Ensemble, und wir sind ihm unendlich dankbar für die vielen Jahre der fruchtbaren Beziehung und guten Zusammenarbeit.
Wir möchten Thomas für seine visionäre Arbeit und sein leidenschaftliches Engagement für das Ensemble danken.