26. September 2018

Linkage!: Büchermusik

Márton Illés schrieb das Stücke Büchermusik für die dritte Rundes des Projektes Linkage!. Peter, Melvyn und Axel arbeiten zur Zeit mit den Schülern der 8. Klasse der Bertolt-Brecht-Gesamtschule aus Bonn, um die neue Komposition am kommenden Mittwoch beim 67. Reihenkonzert im WDR Funkhaus zu präsentieren.

Du bist vom Ensemble Musikfabrik beauftragt worden, ein Stück für das Musikvermittlungsprojekt Linkage! zu schreiben. Was unterscheidet diesen Auftrag von anderen?

Bei diesem Auftrag handelt es sich um den Versuch, wahre musikalische Inhalte – genauso wahre die man in eine „große“ Komposition hineinpflanzt – Nichtmusikern zu vermitteln und ihre Ohren für jene Klangfreuden empfänglich zu machen, die ausübende Musiker, gewohnte Neue-Musik-Hörer und Komponisten beim Spielen, Hören und Komponieren dieser Werke erleben.

Die Voraussetzung für die Komposition ist, dass dieses Stück spielBar ist, damit es von Schüler*innen ohne instrumentale Vorkenntnisse aufgeführt werden kann. Was macht dein Stück spielBar?

Es ist immer eine große Herausforderung für Amateure zu schreiben, da sie keine Noten lesen können und nicht gewohnt sind, über längere Zeitstrecken hinweg die lückenlose Konzentration eines Profimusikers aufrechtzuerhalten. Das Lesen erfordert zwar auch so eine Art von Konzentration, aber ein Buch kann man ja für einen Moment ablegen oder zumindest kann man das Lesen für kurze Momente unterbrechen – ein Buch rennt nicht weg, aber die Zeit der Musik ist gnadenlos unaufhaltbar.  Ich habe versucht einerseits die Klangfantasie der Aufführenden durch eigene „Klangexperimente“ mit Büchern anzuregen, andererseits zeichnete ich Grafiken, um mögliche musikalische Texturen, Prozesse und dramaturgische Verläufe zu veranschaulichen.

Kannst du uns etwas über den Schaffungsprozess dieses Stückes sagen: Wie bist du an das Stück herangegangen? Was stellte eine besondere Herausforderung für dich dar?

Ich musste natürlich selber einiges experimentieren, um zu sehen ob der Stoff ein möglichst breites Spektrum an Wucherungsmöglichkeiten anbietet. Danach habe ich ein komplettes kurzes Stück komponiert und dieses in Form einer graphischen Partitur und eines Begleittextes festgehalten. Diesen „Strukturverlauf“, der klanglich und zeitlich noch sehr viel offen lässt, kann man entweder komplett aufführen oder als Beispiel für eigene Kombinationen nehmen.

Büchermusik heißt dein Stück, welches am 3. Oktober im Reihenkonzert des Ensemble Musikfabrik von den Schüler*innen der 8. Klasse der Bertolt-Brecht-Gesamtschule aus Bonn uraufgeführt wird. Was verrät uns der Titel über das Stück? 

Die Kernaufgabe war ein potentes Thema zu finden. Ein Thema, dem ein wahres emotionales und klangliches Erlebnis zugrunde liegt. Ich habe dieses Erlebnis in meinen Kindheitserinnerungen wiedergefunden. Schon damals habe ich festgestellt, „dass mich Klänge faszinieren, die Bücher von sich geben wenn man sie berührt, in ihnen blättert, sie aus Versehen etwas kräftiger auf den Tisch knallt, gar zwei zusammen klatscht, oder wenn sie zufällig vom Bücherregal fallen und die Blätter nach dem lauten, dumpfen Aufprall, begleitet von zischendem Papiergeräusch, wie der ausgedrehte Balg eines erschöpften Akkordeons, leblos die Decke anstarren.“ (aus der Einleitung zur Partitur)