27. Juni 2017

Black & Gold

Marmor ist versteinerte Zeit […] schließt immer etwas ein […], man denkt man könne in den Marmor hinein oder durch ihn hindurch sehen.

Unser Jugendensemble Studio Musikfabrik wird nächsten Montag, am 03.07.2017 Johannes Schöllhorns neues Werk black & gold“ im Rahmen der Folkwang Woche Neue Musik an der Folkwang Universität der Künste in Essen uraufführen. Der Komponist selbst verfasste ein paar Worte zu der Quelle seiner Inspiration für dieses Werk, dem Kalkgestein Marmor.

„black and gold ist der Name einer faszinierenden Marmorsorte, die unter anderem in Brasilien vorkommt.Marmor ist immer gleichzeitig blockhaft, aber, durch die vielfältigen Einschlüsse im Inneren, auch sehr bewegt und vielfältig. Marmor entsteht extrem langsam – er ist versteinerte Zeit und spiegelt die vielfältigen Vorgänge, die zu seiner Entstehung geführt haben. Dabei treffen äußerst schnelle und äußerst langsame Vorgänge aufeinander. Und Marmor schließt immer etwas ein bzw. ist „Einschluss“, man denkt man könne in den Marmor hinein oder durch ihn hindurch sehen. Klänge wie Marmor können gleichzeitig Blöcke und Fenster, durch die in den Klängen etwas Neues erscheint, sein. Musik kann und muss, wenn sie versucht Marmor darzustellen, zu einem Hilfsmittel analog zu den marmi finti, zum gefälschten Marmor in der Malerei greifen. Die Technik des Marmor-Malens ist seit Jahrhunderten extrem ausgereift und differenziert und die Illusion oft perfekt. Schon Fra Angelico hat den Marmor, wie Georges Didi-Huberman sehr schön beschreibt, nicht nur als dekoratives, sondern auch als hochsymbolisches Element in seiner Malerei benützt.

Und der amerikanische Maler James McNeill Whistler hat sich möglicherweise von brasilianischen Marmor inspirieren lassen, denn sein Nocturne in black and gold  sieht aus, als hätte er einen großen Marmorblock gemalt. Überraschenderweise zeigt er in diesem weitgehend abstrakten Bild auch einige aufsteigende Raketen – so kommen das schnellste, augenblicklich Berstende und das Starre, wie im Marmor gleichzeitig zusammen. Dieses Drama der Zeit versucht mein Stück in Klängen einzufangen. (JS / 2017)